«UFO Sweden»: Beste Unterhaltung versteckt auf Paramount+
Acht Jahre nach dem Verschwinden ihres Vaters auf der Suche nach einem unbekannten Flugobjekt wiederholen sich die äußeren Ereignisse des Tages. Für die 16 Jahre alte Denise steht fest: Ihr Vater war kein Irrer, wie allgemein behauptet wird.
Im Stream von Paramount+ ist still und heimlich ein sehr schöner Sciencefiction-Film aus Schweden aufgetaucht, den vermutlich niemand wirklich bislang auf dem Radar gehabt haben dürfte. «UFO Sweden» ist kein Meisterwerk, das doch in 100 Jahren Aufmerksamkeit erzeugen wird. Er ist auch kein Gamechanger fürs Genre. Er ist ein Film, der 115 Minuten einfach nur unterhalten möchte. Und das gelingt ihm hervorragend.
1988. Obwohl Uno für gewöhnlich keine seiner Ufo-Sichtungsfahrten ohne seine Tochter Denise unternimmt, lässt er sie an diesem Abend, an dem er der festen Überzeugung ist, dass sie kommen werden, alleine daheim. Sie? Sie! Die Fremden, die Besucher, die, die nicht von dieser Welt sind!
Acht Jahre später. Aus dem kleinen Mädchen Denise ist ein rebellischer Teenager geworden, der bei einer Pflegefamilie lebt, seit ihr Vater in besagter Nacht vor acht Jahren spurlos verschwunden ist. Seit Unos Verschwinden, heißt es, er sei Anführer einer Ufo-Sekte gewesen, wobei die Betonung auf Sekte liegt. Denise hat gelernt, mit diesen Geschichten zu leben. Vielleicht sind sie ja sogar wahr. Glauben will sie sie nicht, obwohl sich ihr Vater in der Nacht, in der verschwand, schon sehr seltsam wirkte. Er war überdreht, für Argumente gegen sein Vorhaben nicht mehr erreichbar. War das wirklich nur Euphorie? War er in dieser Nacht einfach nur überzeugt davon, sie (wer immer sie sein mögen) verstanden zu haben? Oder hat er in dieser Nacht seinen Verstand verloren?
Denise genießt unter anderen Jugendlichen Respekt dafür, dass sie ziemlich gut über Computer Bescheid weiß und als Codehackerin so manches Tor für illegale Graffiti-Sprühaktionen an coolen Orten zu öffnen vermag. Das ändert nichts an ihrem Status als Außenseiterin. Nach einer Sprühaktion hat Denise Pech und wird von der Polizei verhaftet. Gleichzeitig hat sie Glück, denn die Polizistin, die sie verhaftet, ist Tomi, eine vergleichsweise junge Beamtin, die Denise in der Nacht, als ihr Vater verschwand, aus ihrer Wohnung geholt hat und seither ein Auge auf Denise wirft. Während Tomi Denise eine Standpauke hält, hört sie im Radio den Wetterbericht – der mit den tatsächlichen Wetterverhältnissen nicht übereinstimmt. Irgendwie scheinen Vorhersage und Realität weit auseinanderzuklaffen, auf dem Punkt genauso wie in der Nacht, als ihr Vater verschwand. Und dann taucht an diesem Tag, wie aus dem Nichts, in einer Scheune ein roter Saab auf. Ach was, er taucht nicht einfach auf, er kracht durch das Dach. Es ist das gleiche Modell wie das, das ihr Vater vor acht Jahren gefahren ist.
Anhand von Wetterdaten ist es ihrem Vater seinerzeit gelungen, so etwas wie Routen zu berechnen, die sich irgendwann an einem Punkt treffen: Dem Punkt, an dem sie landen (oder an dem man Kontakt mit ihnen aufnimmt, nichts genaues weiß Denise). Ihr Vater ist in dieser Nacht zu genau diesem Punkt gefahren. Wer sagt, dass er diesen Punkt in dieser Nacht nicht erreicht hat und sie in kürze wieder an diesem Punkt erscheinen werden? Denn offenbar geschieht etwas mit dem Wetter, wenn sie (die Fremden) sich ankündigen.
Denise weiß, dass es Menschen gibt, die sie von ihrer Idee vielleicht überzeugen kann: UFO Sweden! UFO Sweden ist eine in Norrköping ansässige Gesellschaft, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, unbekannte Phänomene zu erforschen, die möglicherweise extraterrestrischer Herkunft sind. Ihr Vater war ein Teil von UFO Sweden und sie erinnert sich daran, dass die Freunde ihres Vaters keine „Spinner“ waren, sondern Forscher, die nach strengen Regeln arbeiten und gerade deshalb auch noch nie fündig geworden sind. Jede Sichtung konnten sie bislang erklären. Denises Problem: Das Verschwinden ihres Vaters schlug Wellen und in der Presse wurde aus dem Verein UFO Sweden eine Ufo-Sekte. Man ist dort auf ihren Vater nicht gut zu sprechen, auch, weil er irgendwann nicht mehr den Regeln, sondern lieber seinem Bauchgefühl folgte. Dennoch entschließt sich Denise, den Verein aufzusuchen – um feststellen zu müssen, dass dieser inzwischen von Lennart geführt wird. Lennart war ein Freund ihres Vaters, vielleicht sogar sein bester. Er arbeitete beim staatlichen Wetterinstitut. In der Nacht, in der ihr Vater Uno verschwand, stahl er Lennart statistische Unterlagen, die er für den Beweis seiner Theorie brauchte. Lennart hat daraufhin nicht nur seine Arbeitsstelle, sondern auch sämtliche Reputationen als Wetterforscher verloren. Wenn es einen Menschen gibt, der auf ihren Vater nicht gut zu sprechen sein dürfte, ist dies Lennart. Zu Denises großen Überraschung ist Lennart jedoch bereit, ihrer Theorie nachzugehen.
In welchem Genre sich «UFO Sweden» genau bewegt, lässt sich gar nicht so wirklich festmachen. Er ist ein Verschwörungsfilm und ein Thriller. Er ist aber auch ein Drama und eine Geschichte über eine Suche. Das Werk verneigt sich vor den X Akten (die natürlich Erwähnung finden, die Handlung spielt schließlich in den 90ern), es ist aber kein Zitatenkino. UFO Sweden findet eine ganz eigene Mischung, um seine Geschichte zu erzählen. Eine jugendliche Protagonistin spricht ein jüngeres Publikum an, ein Kinder- oder Jugendfilm ist «UFO Sweden» aber nicht. Das Team von UFO Sweden bleibt zwar ein bisschen blass – sie werden eher durch Äußerlichkeiten als Nerds definiert, da wäre etwas mehr Figurenzeichnung nicht schlecht gewesen, dafür aber gibt es Lennart. Lennart ist mehr als nur der heimliche Sympathieträger der Geschichte. Lennart ist ganz einfach das, was man einen guten Menschen nennt. Er hilft Denise, weil er ihren Vater verziehen hat. Er ist für sie da, weil sie in dieser emotional aufregenden Zeit einen Freund braucht. Und er hat die Hoffnung nie verloren, dass sein Verein irgendwann wirklich einmal ein Ufo entdecken wird. Lennart ist ein gewissenhafter Systematiker. Er nimmt seine Forschungen ernst. Dazu gehört, alle Daten und Fakten akribisch aufzunehmen und auszuwerten. Denises Auftauchen weckt in ihm jedoch die Hoffnung, dass sie vielleicht doch etwas entdecken. Etwas, das sich auch nach der Auswertung aller Daten und Fakten einfach nicht erklären lassen wird.
Dass die Handlung zum Ende seiner Spielzeit hin möglicherweise keine hohen Zustimmungsraten unter Physiklehrern erzielen dürfte, sei ihm aufgrund seines hohen Unterhaltungswertes verziehen. Warum Filme wie «UFO Sweden» kaum beworben werden, wenn Streamer (wie in diesem Fall Paramount+) sie ins Programm aufnehmen, wird ein Geheimnis der Streamingdienste bleiben.
Ein klein wenig mußte ich korrigieren!
Quelle: https://www.quotenmeter.de/n/1…g-versteckt-auf-paramount